Welche Karten und Fähigkeiten dominieren im Moment die Szene? Wie äußert sich das alte Prinzip von Actio und Reactio …?
Hallo und willkommen, liebe Leserin und lieber Leser!
Im Folgenden möchte ich mich im Rahmen von Standarddecks mit der Thematik „welche Elemente benötigt (m)ein Deck?“ beschäftigten. Doch zunächst möchte ich mich kurz vorstellen. Mein Name ist Henning und seit über einem Jahrzehnt treibe ich mich unter dem Nicknamen „Forsti“ durch das Internet. Ich hänge eigentlich schon seit 1994 an der
Magic-Nadel, als mein Bruder mir einige Booster mitbrachte. Doch mit
Allianzen stiegen wir schon wieder aus. 2005, zum Ende des Mirrordin-Blocks, fing ich dann zu Beginn meines Studiums wieder an. Ich spielte hauptsächlich Standard, was sich weit mehr auf Deckbau und das Durchtesten von Turnierdecks beschränkte als auf FNM oder mehr. Irgendwann 2007 ver-schwanden die Karten erst einmal wieder in der Ecke. Zumeist spielte ich in der Zwischenzeit RTS (Real Time Strategy) wie Brood War, Warcraft 3 und nun Starcraft 2, hier auf deutschem Topniveau. Nun werde ich alt und zu langsam für RTS, also bin ich wieder auf der Suche nach dem perfekten Standarddeck.
So fing ich also wieder an. Da ich keine aktuellen Karten hatte, draftete ich mich nun durch den November und Dezember, während ich die aktuelle Turnierszene verfolgte. Es gab viel zu staunen und auch ein paar Stirnrunzler, was die aktuelle Edition angeht. Jeder Block besitzt für gewöhnlich ein paar wenige Fähigkeiten, die die Turniere dominieren werden: Bei Mirrordin war es Affinity, bei
Kamigawa waren es wohl
Umezawa's Jitte und Effekte wie der von
Kokusho, the Evening Star.
Return to Ravnica hingegen ist da ein wenig anders und das macht den Block auch so beliebt: Jede Gilde hat eine eigene Fähigkeit, die in Kombination mit ein paar weiteren Karten sehr stark sein kann. Welche Fähigkeiten dominieren entsprechend im Moment die Szene?
Wenn man an den
Innistrad-Block denkt, dann sind es wohl Undying und Transform. Dazu fallen mir spontan
Geralf's Messenger,
Strangleroot Geist,
Huntmaster of the Fells und
Delver of Secrets ein.
Doch Wizards haben dazugelernt und bieten auch direkt ein paar schöne Antworten an: Exil-Effekte und Flash sind das Mittel der Wahl,
Pillar of Flame,
Snapcaster Mage und
Restoration Angel wohl die gängigsten Vertreter. Folglich ist man, solange
Innistrad im Standardformat verweilt, darauf angewiesen, entweder Undying oder Exile zu spielen. Flash und Transform kann man dagegen nach Belieben einstreuen. Ich wäre kein Wissenschaftler in spe, wenn ich das nun nicht noch belegen würde: Zunächst wären da sämtliche Aggrodecks, ob nun Schwarz-Rot, Schwarz-Grün, Grün-Weiß oder welcher Art auch immer. Ohne Haste und ohne Undying wird hier selten gespielt.
Pillar of Flame wäre eigentlich in jedem Deck Pflicht, doch die meisten reinen Kontrolldecks verzichten natürlich gerne auf Rot. Also greift man hier zu
Terminus,
Detention Sphere oder
Oblivion Ring.
Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel:
Thragtusk hat quasi Undying in einer verbesserten Form und dazu auch noch einen nervigen Effekt beim Spielbetreten, der Duelle ziehen kann wie Kaugummis. Verbleibt noch das berühmt-berüchtigte Peddler-Deck.
Nightshade Peddler entsorgt durch Kombination mit
Olivia Voldaren oder
Izzet Staticaster auch ausreichend gut Unsterbliche. Schließlich gehört es sich, dass ich einen weiteren Effekt erwähne, der
Magic durchweg interessanter gemacht hat: Flashback taucht immer wieder gerne auf und erhöht die Zahl der Optionen, die jedem Spieler in einer Partie gegeben werden. Flashback ist generell einfach gut, aber dazu weiter unten mehr.
Return to Ravnica ist da nun wie gesagt anders: Es gibt bisher noch keinen Effekt, der die Szene dominieren kann. Weder Azoruis' Detain noch Selesnyas Populate, welche zeitweise im Draft ziemlich unfair erscheinen, sind stark genug, um es vermehrt mit
Innistrad aufzunehmen. Das Problem etwa an
Martial Law ist leider, dass man für vier Mana lieber selbst eine Bombe legen möchte.
Lyev Skyknight mag auch aussehen, als wäre er fantastisch für ein Tempodeck, aber leider geht Azorius meist zu früh die Puste aus (insbesondere gegen Unyding).
Vitu-Ghazi Guildmage ist für Standard Decks dann doch wieder zu langsam und anfällig. Selbst die besten Karten des Sets sind sehr speziell:
Jace, Architect of Thought ist oft eher eine Sideboardoption für Spiele Control gegen Control.
Angel of Serenity fällt nach und nach im Ansehen, weil er seine Probleme im Vergleich mit anderen Monstern hat. Ich hatte bislang verschwiegen, dass Reanimator wieder ein wichtiger Player in der Szene ist? Da gibt es mit
Angel of Glory's Rise oder
Craterhoof Behemoth starke Konkurenten für
Angel of Serenity. Allerdings sind die Decks um
Unburial Rites nur phasenweise erfolgreich. Nicht zuletzt weil
Deathrite Shaman ein echter Killer ist. Ich behaupte mal frech, dass er der
Dark Confidant des Blocks ist. Anfangs als „ganz nett“ abgestempelt geht seine Beliebtheit im Moment durch die Decke.
Bleibt neben den wirklich schönen Doppelländern noch
Sphinx's Revelation zu erwähnen. Diese Karte führt mich direkt zu einem neuen Gedanken.
Wie gewinne ich ein Spiel? Klar, ich muss entweder die Bibliothek meines Gegners leeren oder ihn auf null Lebenspunkte schlagen. Aber wie komme ich dahin? Wie läuft ein Spiel eigentlich ab? Im Grunde startet ein Spiel damit, dass ein Deck schneller auslegen will als das andere. Ein Tempodeck ist der Aggressor gegen ein Mittelstreckendeck. Ein solches ist der Aggressor gegen ein Kontrolldeck. Das dritte Newton'sche Axiom über Actio und Reactio ist in
Magic allgegenwärtig. Es geht hier also um Tempo. Genau wie Undying und Exilierer Gegenspieler sind, gibt es zu Tempo eine Nemesis: Kartenvorteil! Wer mehr Karten auf der Hand, im Spiel und im Friedhof hat, hat mehr Optionen. Mehr Optionen führen zu der passenden Reactio auf Actio und schließlich zum Sieg des Spiels. Abwurfzauber, Kartenzieher und Flashback sind folglich die Gegenspieler zu einem Aggrodeck. Nun ist es direkt logisch, dass ein aggressives Deck keine
Sphinx's Revelation spielen möchte.
Controldecks packen diesen verbesserten
Braingeyser dagegen gleich viermal ein. Und Mittelstreckendecks? Die beschränken sich auf eine bis drei Exemplare von
Sphinx's Revelation. Entweder kommen durchs Sideboard gegen Controldecks ein paar dazu oder es fallen gegen Aggrodecks ein paar raus. Mittelstrecke eben. Das macht dieses Deck auch so unheimlich schön und schwer zu spielen (und zu bauen)! Statt weiter zu klären, wie gut die Revelation ist, frage ich euch liebe Leser nun eher, was sich Wizards einfallen lassen will, um eine Alternative zu
Sphinx's Revelation anzubieten? Es wäre doch langweilig, wenn bis Ende 2014 durchweg Blau-Weiß Pflicht in Kontrolldecks wäre? Auch wenn ich befürchte, dass es kaum Alternativen geben wird, freue ich mich besonders auf
Gatecrash und setze meine Hoffnung auf Dimir. Dimir spielte im alten
Ravnica: City of Guilds die reinste Form von Kontrolle durch Kartenvorteil und
Gatecrash könnte diesmal vielleicht schöne „Handdestruction“-Decks ermöglichen.
Das alles im Kopf möchte ich also ein Aggrodeck spielen, welches hart zuschlägt und auch an Kreaturen wie
Augur of Bolas oder
Izzet Staticaster vorbeikommt. Aus diesem Grund verzichten viele Aggrodecks im Moment auf billige Kreaturen, die permanent hinten nur eine Eins stehen haben oder keine sonstigen „Ich komme wieder“-Effekte haben.
Rakdos Cackler oder
Diregraf Ghoul sind deshalb neben
Stromkirk Noble und
Gravecrawler die wichtigsten 1-Mana-Kreaturen.
Die Manakurve endet gerne mit
Falkenrath Aristocrat oder
Thundermaw Hellkite. Alleine mit dem Kartenvorteil habe ich also gegen ein aggressives Deck noch lange nicht gewonnen. Ich benötige Optionen, mit denen ich schnelle Kreaturen beseitigen kann. Gemessen an den kleinen weißen Kreaturen, die ich aus
Ravnica: City of Guilds noch kenne, ist das aktuelle Turnierformat tatsächlich noch relativ langsam gehalten. Sicherlich nicht zuletzt wegen den oben benannten günstigen Widerstandskraft-3-Blockern, aber auch wegen
Thragtusk und
Rhox Faithmender. Damit habe ich schon ein paar gute Karten für Zug 2, 3 oder 4 genannt, von denen einige in ein Controldeck gehören. Es ist kaum nötig, zu erwähnen, dass „Lifegain“ natürlich ein Verbündeter von Controldecks ist. Ein weiterer Punkt, der für
Sphinx's Revelation spricht.
All das gesagt ist selbstverständlich auch immer die Auswahl an Kreaturenzerstörern und Gegenzaubern für ein Format wichtig. Ich hatte
Pillar of Flame bereits genannt. Ebenso ist wichtig zu erkennen, wie und was ich alles beschleunigen kann. Beispiele für dominierende Karten sind hier etwa
Birds of Paradise,
Terror,
Putrefy oder
Mana Leak. Ihr merkt schon, hier greife ich absichtlich nicht ins aktuelle Format. All diese Karten beeinflussen, welche Decks spielbar sind. Doch dazu vielleicht in einem anderen Artikel mehr. Dominierend ist in jedem Fall aber der Kampf zwischen Actio und Reactio und um den sollte es gehen, wenn man sich mit seiner Deckliste beschäftigt.
Da dies mein erster Artikel ist, würde ich mich besonders über Feedback freuen. Also haut in die Tasten und vielleicht bis zum nächsten Mal?
HenningK